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Stiftung Schweizer Wappen und Fahnen |
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Gemeindefusion im Kanton St. Gallen: Neckertal Ab dem Jahr 2023 sind die drei Gemeinden Hemberg, Neckertal und Oberhelfenschwil unter dem bisherigen Namen vereinigt:
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Hemberg
Die drei Spitzen symbolisieren die grüne, |
Neckertal (bisher)
2009 schlossen sich die Gemeinden Brunnadern, Mogelsberg und St. Peterzell
unter den Namen
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Oberhelfenschwil
Der Turm ist eine Anknüpfung an die beiden
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Neckertal (neues Wappen)
Blasonierung: Geteilt im Tannenwipfelschnitt von Blau mit 19-strahliger, gelber Sonne und von Weiss mit blauem Wellenbalken.
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Gemäss der Abstimmungsbotschaft haben die beteiligten Räte beschlossen, der Bürgerschaft ein komplett neues Wappen vorzustellen. Wie beim bisherigen Wappen lautet auch im neuen das Thema Holz und Wasser: "Unter den Tannen ist der Necker symbolisiert. Die fünf Tannen symbolisieren die fünf ehemaligen Gemeinden Brunnadern, Hemberg, Mogelsberg, Oberhelfenschwil und St. Peterzell. Überhöht ist das Ganze von einer Sonne mit 18 Strahlen. Jeder Strahl symbolisiert ein Dorf oder einen Weiler der ehemaligen Gemeinden." Dann werden diese namentlich aufgezählt.
Somit enthält dieses Wappen zwei Motive mit Zählfunktion. Auch das ist, zusammen mit dem Tannenwipfelschnitt, ein Novum in der Schweizer Kommunalheraldik. Die Heraldik kennt neben den einfachen Schildteilungen mit geraden Linien ein ganzes Arsenal von dekorativen Feldteilungen. Am bekanntesten und häufigsten ist der Wellenschnitt, mit dem stehende und fliessende Gewässer symbolisiert werden. Etwas weniger häufig ist der Zinnenschnitt, der in der Regel auf ein Befestigungswerk hinweist (Burg, Stadtmauer). Weiter gibt es den Wolkenschnitt, den Zacken- oder Sägeblattschnitt, den Flammenschnitt, den Lindenblattschnitt, usw. Mit wenigen Ausnahmen bestehen diese Schnitte (Teilungslinien) aus einer imaginären Linie, an welcher ein Symbol auf die andere Seite gespiegelt wird unter Versetzung einer Einheit. Die Genialität dieser Teilungsschnitte besteht darin, dass die Linie organisch und ohne Bruchstelle (Knick) von den positiv- zu den negativstehenden Motiven verläuft. Diese Schnitte eignen sich eigentlich schlecht als Zählfunktion. Im vorliegenden Fall stehen sich den fünf aufrechten Tannenwipfeln deren vier ganze und zwei halbe (an den Schildrändern) abwärtsgerichtete gegenüber. Ausserdem weist die Sonne auf der Abstimmungsbotschaft 19 Strahlen auf. Dieser Fehler wurde relativ spät bemerkt und berichtigt.
Das Wappen entspricht allen heraldischen Regeln. Aber die Symbolik der gewählten Farben und Motive werten das Wappen ab. Das Wappen vermittelt den Eindruck einer tiefverschneiten Landschaft, vor allem bedingt durch die Farben Blau und Weiss, sowie dem Motiv der Sonne. Die in der Abstimmungsbotschaft erwähnten fünf Tannen sind so tief verschneit, dass man nicht nur keine Stämme erkennt, sondern auch keinen Übergang von den Tannen zum Boden. Damit wird indirekt eingestanden, dass die Einzigartigkeit des Tannenwipfelschnittes in seiner Funktion schlecht verstanden wurde. Wegen der symbolisierten Landschaft können auch gestandene Heraldiker den Tannenwipfelschnitt nicht auf Anhieb erkennen. Die Landschaft vermittelt den Eindruck der Unwirtlichkeit und Unpassierbarkeit. Die 19 Strahlen der Sonne wirken wie die Stacheln eines Seeigels. Zusätzlich überwiegt durch die Konturen bei den schmalen Strahlen der Schwarzanteil, was das Positive der Sonne schmälert.
Ausserdem stellt sich die Frage nach dem Bezug der Sonne zur Gemeinde Neckertal. Die Schwägalp als Quellgebiet des Neckers ist "Spitzenreiter" bezüglich der meisten Regentage in der Schweiz und dementsprechend der wenigsten Sonnentage. Der Alpstein mit dem Säntis als höchstem Berg ist der nördlichste Punkt der Voralpen und somit den häufig von Westen heranziehenden Tiefdruckgebieten dem Steigungsregen ausgesetzt und gehört somit zu den regenreichsten Gebieten der Schweiz.
Der Tannenwipfelschnitt wäre durch eine andere Farbwahl und dem Ersatz der Sonne durch ein anderes Motiv wesentlich besser zur Geltung gekommen. Natürlich hätte der Fluss auch im oberen Feld eingesetzt werden können - aber Neckertal ist kein Zweistromland. Die folgenden zwei Beispiele sollen aufzeigen, wie eine ungewollte Symbolik vermeidbar ist:
© Stiftung SWF © Stiftung SWF
Es geht darum, die Assoziation zum Begriff "Landschaft" abzuschwächen und Schildteilung als Tannenwipfelschnitt besser zum Tragewn zu bringen: Das linke Beispiel könnte man noch als "nächtliche Landschaft mit herbstlich gefärbten Lärchen" interpretieren, was zur Gemeinde passen würde. Aber der "Rio Negro" gehört nach Südamerika. Auch als gedachte Verbingung zu Schwarzenbach, dem Dorf am nördlichen Ende des Toggenburgs, ergibt aufgrund der Distanz keinen Sinn. Das rechte Beispiel enthält kaum mehr eine Anspielung an eine Landschaft. Schwarze, rote und weisse Sterne besitzen in zahlreichen Wappen eine erkennbare Zählfunktion. Beispiel: Das Wappen des Kantons Wallis enthält 13 Sterne mit Bezug auf die 13 Bezirke bzw. Zehnden. "Goldbach" gibt es als Dorfteil in Küsnacht am Zürichsee und in Lützelflüh - also viel zu weit entfernt. Zudem weist dieses Beispiel die Toggenburger Farben Gelb/Schwarz in der korrekten Reihenfolge auf. Nicht nachvollziehbar ist die Weigerung der Neckertaler, einen Bezug zum historischen und kulturellen Toggenburg in ihr Wapen aufzunehmen. Gemäss der Abstimmungsbotschaft ist "ein anerkannter Historiker und Wappenexperte beigezogen worden, der in Würdigung der regionalen Einbingung der neuen Gemeinde nach der heraldsichen Lehre Vorschläge erarbeitete". Nun auf dem Gebiet der erweiterten Gemeinde Neckertal liegt die Ruine Neu-Toggenburg. Bereits das Wappen der an der Fusion beteiligten Gemeine Oberhelfenschwil symbolierte diese Ruine, zusammen mit einer weiteren, unbedeutenderen sowie den Farben der Grafen von Toggenburg.
© Stiftung SWF
Links: Das jüngere Wappen der Grafen von Toggenburg, ab 1228 verwendet; 1992 von Dr. Ernst. W. Alther als Wappen für den damaligen Bezirk Neutoggenburg vorgeschlagen (sistiert wegen der geplanten Umstrukturierung von 14 Bezirken in 8 Wahlkreise im Jahr 2003); seither als Regionalflagge verwendet. Rechts: Kombination des Toggenburger Wappens mit dem Flussmotiv für den Necker.
Auswahl von St. Galler Gemeindewappen mit einem historischen Bezug zu Adelsgeschlechtern: Andwil (Edle von Andwil), Buchs (Grafen von Werdenberg), Flawil (Gielen von Glattburg), Flums (Ritter von Flums), Häggenschwil (Dienstmannen von Ramschwag), Kirchberg (ursprüngliches Wappen der Grafen von Toggenburg), Rapperswil-Jona (Grafen von Rapperswil), Sennwld (Freiherren von Sax), Sevelen (Grafen von Heiligenberg).
Ausserhalb des Kantons St. Gallen existieren zahlreiche Gemeindewappen mit Bezügen zu den einstigen Landesherren:
Der Kranich der Grafen von Greyerz findet sich in 20
Gemeindewappen, verteilt auf die Kantone Freiburg, Waadt und Bern.
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Wertung: Schlecht |
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