Stiftung Schweizer Wappen und Fahnen

 

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Übersicht der Fusionen im
Kanton Thurgau

Übersicht alle Fusionswappen

Kriterien für die Wertung

 

 

Gemeindefusion im Kanton Thurgau: Gachnang

Ab dem Jahr 19985 sind die fünf Ortsgemeinden Gachnang, Islikon, Kefikon, Nieder- und Oberwil unter dem Namen Gachnang vereinigt.
Das bisherige Wappen von Gachnang wurde bis 2024 beibehalten bzw. nicht mehr geführt. Ab 2025 gilt ein neues Wappen:

 

 

 

Gachnang (bisher)

Die Gemeinde übernahm das Wappen der
reichenauischen Ministerialen von Gachnang.
Die Farben Rot und Weiss entsprechen denen
der Abtei Reichenau.

 

 

Niederwil

Niederwil gehörte zur Gerichtsherrschaft
der Herrn von Strass. Von diesen ging sie
an die Stadt Frauenfeld über. Die Farben
Weiss und Rot sind diejenigen der Stadt
Frauenfeld, die Adlerflügel stammen aus
dem Wappen der Herren von Strass.

 

 

 

Islilkon

Das Wappen bezieht sich auf den noch heute
geplegten Brauch des Lichterschwemmens
am 4. Sonntag im Fastenmonat bzw. 3 Wochen
vor Ostern (Laetare). Am Latäri-Fest werden
spielt auf dem Dorfplatz die Musik und die
Laternen werden angezündet. Dann folgt der
Lichterzug zu Tegelbach, wo die Laternen
auf dem Wasser ausgesetzt werden.
.
 

 

 

Kefikon

Das Wappen zeigt den Turm des Schlosses.
Dieses bildete seit dem 15. Jahrhundert die
Grenze zwischen den Landgrafschaften
Kyburg und Thurgau. Die Farben Gelb und
Rot entsprechen diesen Territorien.

 

 

Oberwil

Das Dorf gehörte bis 1798 zum Herrschafts-
gebiet der Stadt Frauenfeld. Gemäss einer
Urkunde von 1297 sassen die Vögtefamilie
der Hofmeister von Frauenfeld in Oberwil.
Das Widdergehörn entstammt dem Wappen
dieser Hofmeister in den vertauschten Farben
der Stadt Frauenfeld.

 

 

 

 

Gachnang (neu)

 

 

Die Gemeinde schreibt auf ihrer Internetseite zur Bedeutung des neuen Wappens:

Der dargestellte Bach steht für den Tegelbach, das verbindende Element unserer Dörfer, und erinnert gleichzeitig an das Wappen von Islikon, in dem der
Tegelbach ebenfalls enthalten ist. Die Teilung des Wappens durch den Fluss knüpft an das Wappen von Kefikon an, das ebenfalls durch eine Schildteilung
geprägt ist, und die goldene Farbe auf rotem Grund spiegelt die dominierenden Elemente dieses Wappens wider. Das Horn des Einhorns symbolisiert die
Hörner im Wappen von Oberwil, während die Flügel eine Hommage an jene im Wappen von Niederwil darstellen. Das feuerspeiende Einhorn kominiert das
frühere Einhorn von Gachnang mit dem Feuer des Latäri. Aus all diesen historischen und symbolischen Elementen entstand ein einigartiges Fabelwesen:
Ein geflügeltes, feuerspeiendes Einhorn.

Der nachvollziehbare Wunsch, alle an der Fusion beteiligten Gmeinden durch ein Emblem aus den bisherigen Wappen zu vertreten, führt erfahrungsgemäss
zu überladenen Wappen. Durch die beachtenswerte Kreativität ist ein tatsächlich einzigartiges Wappen geschaffen worden. Die grafische Gestaltung ist
bemerkenswert und gefällig. Die Farben wirken ausgewogen. Ist aber wirklich alles perfekt? Kann Gachnang auf ihr Wappen stolz sein?

Nur ungern zeigt man bei einem Prachtstück auf negative Aspekte:
1.  Für Kefikon wird auf die Teilung durch den Fluss (blaues Wellenband) in zwei Teile hingewiesen. Der Schild ist aber durchgehend rot und im
Gegensatz zum Wappen von Kefikon weder geteilt (waagrecht) noch gespalten (senkrecht).
2. Bei Oberwil, dessen Wappen ein Widdergehörn zeigt, wird auf den namensgebenden Kopfschmuck des Einhorns verwiesen. Dieses Horn gehört
zum Wappen von Gachnang und kann nicht an ein anderes Dorf abgetreten werden. Auch kann man das Widdergehörn nicht zusätzlich
dem Einhorn aufpflanzen.
3. Das ursprüngliche Wappen von Gachnang enthält als Wappenmotiv das Einhorn. Dieses gilt als das edelste aller Fabeltiere und steht als Symbol
für das Gute. Das Einhorn fand auch Eingang in die christliche Kunst. Die vermutlich älteste Darstellung findet sich in einem Antiphonale aus
dem 12. Jahrhundert im Kloster Einsiedeln. Ein feuerspeiendes Einhorn passt nicht in die Symbolik des Einhorns. Die Aufgabe von feuerspeienden
Fabelwesen besteht darin, die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Das Wappen des österreichischen Bundeslandes
Steiermark und der Landeshauptstadt Graz zeigen feuerspeiende Panther (siehe nachfolgenden Exkurs).
4. Die symbolischen Flammen auf dem Fluss vom Isliker Wappen beziehen sich auf Laetare, einem christlichen Feiertag. Laetare ist lateinisch und
bedeutet "freue dich". Diese Flammen als Atem einer Bestie darzustellen passt keinesfalls zum Einhorn als Symbol des Guten.

Das Einhorn ist ein beliebtes Wappenmotiv und ist auch in folgeden 16 Wappen vertreten:

Cuarnens VD, Ramosch GR (ehem. Kreis), Ramosch GR (ehem. Gemeinde), Valsot GR, Biessenhofen TH (ehem. Ortsgemeinde), Ballwil LU,
Cadro TI, Ebnat SG (ehem. Gemeinde), Ebnat-Kappel SG, Dübendorf ZH, Rümlang ZH, Humlikon ZH (ehem. Gmeinde), Wattwil SG,
Buhwil TG(ehem. Ortsgemeinde), Mettmenstetten ZH, Hünenberg ZG

 

Eine Rüge des Eidgenössischen Institutes für Geistiges Eigentum führte zur Schaffung des neuen Fusionswappens. Anstelle eines Gemeindewappens
wurden illegal die Wappen der Eidgenossenschaft und des Kantons verwendet. Nach der Auflösung der einstigen Orts- und Munizipalgmeinden
bzw. Zusammenfassung in politische Gemeinden aufgrund der Neuen Kantonsverfassung von 1987 glaubte man offenbar, dass auch die bisherigen
Wappen nicht mehr gelten. Aber schon vor der Verfassungsänderung entstanden z.B. in Wängi und Fischingen "Einheitsgemeinden". In beiden Beispielen
wurde der Name und das Wappen der Munizipalgemeinde beibehalten. Die Munizipalgemeinden führten die Wappen der gleichnamigen Ortsgemeinden.
Diese Lösung wurde nach 1987 von 26 Gemeinden übernommen. Gachnang hätte ihr Wappen problemlos weiter verwenden können. In vielen Gemeinden
werden die ungültig gewordenen Ortsgemeindewappen als Dorfwappen weiter verwendet

 

 

Blasonierung:

In Rot ein blauer, weiss bordierter, gewellter Schräglinksbalken, überdeckt mit einem gelben, steigenden und geflügeltem und feuerspeiendes Einhorn.

 

Wertung: Befriedigend 

 

Zur nächsten Gemeindefusion: Gambarogno TI (alphabetisch innerhalb der Schweiz)

Zur nächsten Gemeindefusion: Hauptwil-Gottshaus TG (alphabetisch innerhalb des Kantons Thurgau)

Zur nächsten Gemeindefusion: Glarus Süd GL (innerhalb der Bewertungsstufe "befriedigend")


Exkurs: Fabelwesen in der Heraldik

Fabelwesen sind erfundene Tiere, die ausschliesslich in der Phantasiewelt existieren. Fabeltiere können aber auch als reale Tiere in Fabeln
und Märchen vorkommen, beispielsweise der Wolf (Rotkäppchen), der gestiefelte Kater, dere Storch usw.

 

         

Greifensee ZH
(Greif)

Leuk VS
(Greif)
Ennetmoos NW
(Drache)
Beatenberg BE
(Drache)
Bargen BE
(Pegasus)
         
Mauensee LU
(Fliegender Fisch)
Lostallo GR
(Markuslöwe)
Biessenhofen TG
(Einhorn)
Rümlang ZH
(Einhorn)
Mettmenstetten ZH
(Einhorn)
 
         
Graz
ÖSTERREICH
(feuerspeiender
Panther)
Nürnberg
DEUTSCHLAND
(Jungfrauenadler/Harpie)
Warschau
POLEN
(Meerjungfrau/Nixe)
Bessans
FRANKREICH
Dep. Savoie
(Teufel)
Taormina
ITALIEN
(Bukentaurin)





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